Das Straelener Veen
Entstehung des Straelener Veens
Im deutsch-niederländischen Grenzgebiet westlich von Straelen erstreckt sich östlich der Maas das Straelener Veen. Dabei handelt es sich um Relikt eines noch vor 200 Jahren über 1000 ha großen, unzugänglichen Moor- und Sumpfgebietes zwischen Venlo, Arcen und Straelen. Es wird im Osten durch die markante Geländekante zwischen Mittel- und Niederterrasse und im Westen durch die Maasdünen begrenzt.
Das ausgedehnte Feuchtgebiet entstand in der Nacheiszeit vor ca. 10.000 Jahren, als sich das Wasser, das von den höheren Flussterrassen herabströmte, vor den Binnendünen zwischen Arcen und Venlo staute. Eine Vermoorung begann, in deren Verlauf sich bis zu 3 m mächtige Torfschichten bildeten. Bereits seit dem 16. Jahrhundert wurden diese Torfe durch den Menschen genutzt, aber bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, als die systematische Erschließung und Entwässerung des Gebietes begann, herrschte hier eine unzugängliche, urwüchsige Naturlandschaft.
In einem Bericht zum “Hangmoor Damerbruch” aus dem Jahr 1983 beschreibt der Naturkundler Herbert Hubatsch sehr anschaulich, wie diese Landschaft einst ausgesehen haben könnte:
“Ericamoore wechselten mit Röhrichten und Seggenwiesen, Gagel und Weidengebüsche leiteten über zu Birken- und Erlenbrüchen. Wollgras und Glockenheide, Ährenlilie und Sonnentau, Rosmarien[heide] und Lungenenzian setzten bunte Tupfen in die dunklen Gründe. Im Frühjahr kollerte der Birkhahn, flötete der Brachvogel, gaukelten Wiesen- und Rohrweihen über dem duftenden Gagel, ertönte das dumpfe Gemecker der Himmelsziege.
Das Straelener Veen heute
Heute ist das Gebiet des Straelener Veen großflächig entwässert und wird beiderseits der deutsch-niederländischen Grenze meist intensiv landwirtschaftlich genutzt. In den letzten Jahrzehnten wird die traditionelle Grünlandwirtschaft in der Folge sinkender Rentabilität der Milchwirtschaft und der zunehmenden Stallhaltung durch Ackerbau, zunehmend auch Gemüseanbau und Unterglaskulturen verdrängt.
Dennoch ist der ursprüngliche Charakter des Gebietes bis heute in der Landschaftsgestalt sowie in Restbeständen der Tier- und Pflanzenwelt der Feuchtgebiete zu erkennen. In kleinen Flächen unmittelbar unterhalb der Geländekante, vor allem in den heutigen Naturschutzgebieten “ Hangmoor Damerbruch ” und dem weiter nördlich gelegenen “Holter Bruch”, konnten Elemente der ehemaligen Niedermoorvegetation bis heute überleben. Hier sorgt noch immer das unterhalb der Geländekante in Quellsümpfen wieder austretende Hang-Sickerwasser für eine ständige Vernässung.
Die Bedeutung des Straelener Veens für Vögel
Diese Untersuchungen zeigen, dass das Straelener Veen eine große Bedeutung für die Brachvögel im Kreis Kleve hat. Allerdings handelt es sich vermutlich um eine deutlich überalterte Population. Die Vögel sind sehr ortstreu und kehren über Jahrzehnte zu den alten Brutplätzen zurück, auch wenn dort die Lebensraumqualität nicht mehr ausreicht. Das ist im Straelener Veen zum großen Teil der Fall, denn die Flächen werden sehr früh gemäht, meist sind die Böden im Frühjahr zu trocken und sumpfige Blänken fehlen, so dass die Nahrungssuche im Boden sehr erschwert ist. Durch zunehmenden Acker-Anteil schrumpfen auch die möglichen Brut- und Nahrungsflächen. Erst seit 2001 werden 12 ha Flächen in dem Bereich der Brutbiotope im Rahmen von Ausgleichsmaßnahmen der Stadt Straelen Brachvogel gerecht bewirtschaftet. Dazu zählt die Neuanlage einer Blänke. Außerdem profitieren die Tiere von den Aktivitäten auf niederländischer Seite, wo u. a. ein Maasaltarm wieder hergestellt und geflutet wurde (Vreewater).
Der große Brachvogel
Ab 2008 werden weitere 8 ha Brachvogel gerecht bewirtschaftet. Am auffälligsten ist dabei der Große Brachvogel , ein typischer Watvogel offener, sehr nasser Moorwiesen und Weiden, der auf lange überstaute Flächen (so genannte Blänken) angewiesen ist.
Das Brutgebiet des Großen Brachvogels ist bereits 1906 belegt. Noch heute kann man im Straelener Veen im Frühjahr den trillernden Ruf balzender Männchen hören. In den 1980er Jahren kamen hier noch 8-10 Brutpaare vor. Durch Untersuchungen der Biologischen Station Krickenbecker Seen konnten seit 2001 regelmäßig fünf Revierzentren des Brachvogels beiderseits der Grenze festgestellt werden. Es wurden balzende Paare, Revierkämpfe, Nestbau-Aktivitäten, Verteidigungsverhalten und mehrfach auch flügge Junge beobachtet.
Ein wichtiger Lebensraum für bedrohte Arten
Heute ist das Straelener Veen als Landschaftsschutzgebiet mit speziellen Verboten zum Schutz und Erhalt der Vielfalt bei den Brut- und Rastvögeln geschützt. Die letzte Brutvogelkartierung 2017 bestätigte erneut seinen großen Wert: Während der Kartierung wurden insgesamt 97 Vogelarten beobachtet, 71 Arten davon wurden als Brutvögel eingeschätzt. Davon sind 31 Arten in der Roten Liste NRW und/oder der allgemeinen deutschen Liste aufgeführt. Vor allem die Wiesen- und Feldvogelarten wie Feldlerche, Kiebitz, Großer Brachvogel, Rebhuhn und Wachtel sind im Gebiet präsent. Diese Arten profitieren von den noch kleinräumig wechselnden Strukturen mit Randstreifen. Gleichzeitig konnte aber bei einigen Arten wie dem Kiebitz ein Rückgang der Brutpaare um fast 50 % in sechs Jahren festgestellt werden.
Seit 2018 gibt es deshalb das Angebot an die im Straelener Veen wirtschaftenden Landwirte Kiebitznester auf ihren Flächen zu markieren, damit sie bei der Bewirtschaftung geschont werden können. Diese Kooperation ist inzwischen sehr erfolgreich: So konnten 2020 mehr als 40 Kiebitz-Nester markiert werden.
Pflanzen im Straelener Veen
Vor allem in und an den Gräben finden auch einige Pflanzenarten des ehemaligen Niedermoores Rückzugsmöglichkeiten. So z.B. die seltene Kriechweide, der Königsfarn, der Sumpf-Haarstrang, der Froschbiss oder das Knöterichblättrige Laichkraut. Einige seit acht Jahren extensiv als Mähwiese bewirtschaftete Flächen (Vertragsnaturschutz) sind sehr artenreich und zeigen mit Vorkommen der Kuckucks-Lichtnelke, Seggen- und Binsenarten, dass ein großes Potential zur Wiederentwicklung typischer Feuchtwiesen vorhanden ist.
Eindrücke aus dem Straelener Veen
Das Straelener Veen – Teil des “Grünen Bandes” entlang der deutsch-niederländischen Grenze
Der Grenzraum der Niederlanden und Nordrhein-Westfalen, zwischen Aachen und Gronau, befand sich lange Zeit in einer abgelegenen Randlage der jeweiligen Länder. Im Schutze dieser Grenzlagen hat sich hier eine Vielzahl ökologisch wertvoller Gebiete entwickelt, die teilweise als Elemente des europäischen Schutzgebiet-Netzes “NATURA 2000” gemeldet wurden. Mit dem Ziel der Vernetzung dieser Gebiete beiderseits der Grenze zu einem durchgängigen Naturkorridor initiierten der NABU Nordrhein-Westfalen zusammen mit dem niederländischen Naturschutzverband “Natuurmonumenten” die “Aktion Grünes Band”. Im Oktober 2003 wurden auf einer Konferenz in Kranenburg zahlreiche Projekte vorgestellt, die dieses Ziel verwirklichen können.
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Auch die Region um das Straelener Veen zählt zu diesen Projekten. Das Gebiet bildet einen wichtigen Teil des Naturkorridors “Maasdünen/Maaswald” von der Veluwe im Norden bis zur Eifel im Süden. Hier kommt dem Bereich eine große Bedeutung zu bei der Sicherung der Durchgängigkeit im Raum Venlo. Eine ökologische Optimierung kann hier nur im Zusammenhang beiderseits der Grenze umgesetzt werden, vor allem wegen des gemeinsamen Gewässersystems mit dem Leitgraben als zentraler Struktur.
Auf niederländischer Seite befinden sich große Flächen im Bereich der Maasdünen im Eigentum der “Stichting het Limburgs Landschap”. Diese hat hier bereits in großem Umfang Renaturierungsmaßnahmen durchgeführt (Herausnahme aus der landwirtschaftlichen Nutzung oder Extensivierung, Wiedervernässung, Wiederherstellen von Feuchtheiden durch Abschieben von nährstoffreichem Oberboden), die unmittelbar an den deutschen Teil des Straelener Veen grenzen.
Der deutsche Teil steht bislang deutlich weniger im Blickfeld von Naturschutzaktivitäten als die niederländischen Bereiche, da die vorhandenen Naturwerte weniger augenfällig sind. Als Naturschutzgebiet geschützt sind lediglich das Hangmoor Damerbruch und das Holter Bruch (zusammen ca. 79 ha). Durch Ausgleichsgelder für gartenbaulich genutzte Flächen finanziert die Stadt Straelen ca. 12 ha extensiv genutzte Grünlandflächen mit einer neu angelegten Blänke zum Schutz des Brachvogels. Weitere 35 ha werden im Rahmen des Kulturlandschaftsprogramms des Kreises Kleve extensiv bewirtschaftet. 2008 kommen noch ca. 8 ha hinzu.